Schlafen im eigenen Bett

 


Eine Woche war ich in Zürich. Lesungen, Schreibworkshops. Es war toll, hat Spaß gemacht, vor allem, weil es das in dieser Form schon so lange nicht mehr gegeben hat.
Jetzt bin ich auf dem Weg nach Hause. Erst noch schnell ins Hotel, den Koffer holen. Dann mit schwerem Rucksack, den Koffer hinter mir her zerrend, zum Bahnhof. Die Jacke viel zu warm. Der Koffer zu sperrig. Ich fange an zu schwitzen. Stöhne leise. Aber ich freue mich auf Zuhause. Auf frische Kleidung. Auf mein eigenes Bett. Meinen Garten. Nur ein paar Meter noch, dann lasse ich mich erschöpft auf eine Bank am Bahngleis fallen.
Gegenüber ein kleiner Auflauf. Menschen in gelben Warnwesten tragen Schilder mit Botschaften in einer Sprache, die ich nicht lesen kann. Ein Zug fährt ein. Frauen und Kinder werden in Empfang genommen. Ukrainische Flüchtlinge kommen erschöpft in Zürich an. Mit sperrigen Koffern. Einem schweren Rucksack. Taschen, die an ihren Armen ziehen. In den Gesichtern Müdigkeit und ein Blick, den das Wort "Leere" noch am besten beschreibt.

Ich schaue auf mein Gepäck, dann wieder zu ihnen. Versuche mir vorzustellen, dass das, was ich da mit mir schleppe, alles wäre, das mir geblieben ist. Es ist nicht vorstellbar.
Und es ist auch nicht hinnehmbar. Für niemanden auf dieser Welt. Es kann und darf einfach nicht sein, dass ein Mensch nicht in seinem eigenen Bett schlafen kann. Nirgendwo.

Kommentare

  1. du hast so recht, wir sind machtlos und können nur machmal etwas die not lindern. unvorstellbar für uns in sicheren verhältnissen diese situation für die flüchtlinge. tun wir, was wir können und bleiben wir stark und freundlich für diese menschen, sie brauchen auch unsere kraft und ideen. gruss roswitha

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen