Nun wird es Herbst ...


 

Bewölkt, mit leichten Niederschlägen ...

Auch dieser Sommer wird vorüberwehn
So sanft und still, als wär er nie gewesen,
Und wieder wird ein Wächter mit dem Besen
Im welken Park durch Blätterknistern gehn.

Auch dieser Herbst wird wie die andern sein.
So rollte manches Jahr sich schon zu Ende.
Bald starrt man wieder auf vier fremde Wände
Und regnet mit den Tagen langsam ein.

Schon schläfert sich das Leben winterwärts.
Wie träg die schrägen Regenfäden rinnen.
Sie fangen an, Melancholie zu spinnen.
Scheu wie ein Kind verkriecht sich unser Herz.

Stirbt nicht das Laub, wenn es auch farbig glüht?
Klagt nicht das Boot verlassen auf den Wogen?
Die allerletzten Rosen sind verblüht.
Der Sommer geht. - Auch dieser hat getrogen.

Nun wird es Herbst. Was bleibt in unsern Träumen?
Ein Lied vielleicht. Ein Abendwind am Meer,
Das erste Rauschen in erblühten Bäumen
Und stilles Warten auf die Wiederkehr ...

Mascha Kaléko (1907-1976)

 





Kommentare

  1. Wenn Rilke sagt, er fürchte sich so vor der Menschen Wort, dann sind es immer doch Worte, die solche Bilder zu schaffen im Stande sind. Wohl gesetzte, mit Bedacht gewählte Wort. Keine Worte, die nichts anders wollen als die Stille durchbrechen. Worte, jenseits des nachbarlichen Lachens.

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