Kreatives Schreiben (fast) ganz ohne Deutschkenntnisse

 

Heute muss ich Euch unbedingt von einem Projekt erzählen, das ich seit einigen Wochen an der Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule in Ober-Ramstadt begleiten darf.
Das Institut für Medienpädagogik und Kommunikation Hessen e.V. (kurz: MUK) beauftragte mich, an dieser Schule Workshops im Kreativen Schreiben für zwei verschiedene Intensivklassen durchzuführen.
Ich habe sehr begeistert zugesagt und bin dann erst einmal an meine Grenzen gestoßen. Was mir nämlich nicht klar war: beide Intensivklassen bestehen aus ca. 20 Kindern und Jugendlichen zwischen 11 und 16 Jahren, aus 9 verschiedenen Nationen, die überhaupt kein oder fast kein Deutsch können. Wie sollte ich kreatives Schreiben unterrichten in einer Gruppe, der selbst unser Alphabeth noch ein Buch mit sieben Siegeln ist?
Nach einem kurzen Verzweiflungsanfall habe ich mich aber darauf besonnen, dass es gar nicht so sehr um das Schreiben als technischen Vorgang geht, sondern um Kreativität und vor allem ums Erzählen
Und das Erzählen praktizieren wir Menschen ja schon seit vielen tausend Jahren in allen Kulturen und Sprachen. Oft ist die Tradition des Erzählens gerade in anderen Kulturen viel ausgeprägter als bei uns.
Also haben wir uns zusammen zurückbesonnen auf diese alten Fähigkeiten und brauchten dann eigentlich kaum mehr Vokabeln, sondern viel mehr Hände und Füße, Farben und Kleber und einfach Lust, uns auf Neues einzulassen.
Wir haben Buchstaben gestempelt, Geschichten in unserer Muttersprache geschrieben (der sprechende Übersetzer im Smartphone machte es möglich, dass wir unsere Geschichten sogar vorlesen konnten), wir haben Collagen geklebt , mit Kreide gemalt und auf einem Spaziergang versteckte Buchstaben in Gebäuden und Gartenzäunen gesucht. Und wir haben meterweise Washi-Tapes verklebt :-)
Kurz: Meine anfängliche Angst war völlig unbegründet und ich bin zusammen mit den beiden Klassen an der Herausforderung gewachsen. Und würde ein solches Projekt jederzeit wieder von Herzen gerne begleiten. Ich bin dankbar, dass MUK solch ein Projekt möglich gemacht hat und wünsche mir solche Workshops für ganz viele Intensivklassen überall in Deutschland. 






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