Was Brokkoli mit meinem Schreiben zu tun hat


 

Kürzlich las ich bei Judith Peters einen Aufruf zu einer Blogparade. Ich blogge schon seit vielen Jahren, von einer solchen Parade hatte ich noch nie gehört. Aber - es ist Sommer und damit stecke auch ich blogtechnisch ein bisschen im Sommerloch - warum also nicht einfach mal anschauen, was es damit auf sich hat.

Im Grunde ist es ganz einfach: Viele Blogger:innen rufen zur Teilnahme mit einem bestimmten Thema auf, man sucht sich ein oder mehrere Themen aus und beteiligt sich mit einem eigenen Beitrag. Mir sprang zuerst die Blogparade von Gabi Kremeskötter in Auge: Erzähl mir von deinem aktuellen Schreibprojekt

Wie praktisch, dachte ich, ich wollte ohnehin mal wieder etwas von meinem eigenen Schreiben erzählen. In meinen letzten Beiträgen ging es ja viel um Leseförderung, um meine Schreibworkshops und das, was bei mir neben dem Schreiben noch so passiert. Das nicht etwa, weil ich nicht gerne über mein Schreiben spreche, sondern mehr, weil es als Verlagsautorin nicht ganz so einfach ist, vom Schreiben zu erzählen. Denn bevor ein Manuskript nicht unterwegs an Verlage oder mindestens an meine Agentin ist, möchte ich nicht zu viel von seinem potentiellen Inhalt in die Welt hinauslassen.

Aber ein bisschen kann ich euch trotzdem mitnehmen auf meine aktuelle Schreibreise. Ich schreibe an einem neuen Kinderbuch. Und nach etlichen Wochen des Herumprobierens, des Plottens, des daran Verzweifelns, kann ich endlich auch aus vollem Herzen wieder sagen: ich schreibe. Das war in der Vergangenheit nämlich keineswegs immer so.

Ich steckte eine Weile ziemlich fest. In meinen Schreibkursen erzähle ich oft, dass es Autor:innen gibt, die man als Kopfschreiber:innen bezeichnet und solche, die ich eher Bauchschreiber:innen nennen würde. Die Kopfschreiber:innen sind jene, die einen Roman von Anfang bis Ende gründlich durchplotten. Ein Teil meiner Bücher ist so entstanden. Hier wusste ich ganz genau, was ich erzählen will. Ich kannte jeden Handlungsstrang, jeden Twist im Vorhinein, ich hatte seitenlange Pläne und Biografien für alle meine Figuren, hatte die Kapitel bereits festgelegt inklusive darin vorkommender Figuren, Handlungsorte etc. und konnte mich dann beim Schreiben ganz auf meine Sprache und das Ausfüllen der einzelnen Szenen mit Leben konzentrieren. Meine Romane "Dornenherz", "Roofer" und auch mein erster Roman "Holundermond" sind so entstanden. Und ich habe mich dabei pudelwohl gefühlt.

Ganz anders gehen Bauchschreiber:innen an ihre Geschichten heran. Sie haben eine Figur, oft nur einen Satz, eine Szene im Kopf und fangen einfach an. Auch solche Bücher habe ich schon geschrieben. Von "Stechmückensommer" hatte ich ganz lange nur den ersten Satz und ein paar Bilder im Kopf und habe dann einfach weitergeschrieben. Mein Kinderbuch "Florentine oder wie man ein Schwein in den Fahrstuhl kriegt" fing mit einer einzigen Szene in einem Notizheft an und entstand dann beim Schreiben. Und auch mit dieser Vorgehensweise kam ich damals ganz wunderbar klar.

Die Nachteile für eine Verlagsautorin liegen auf der Hand. In der Regel schließe ich die Verträge für meine Bücher ab lange bevor die Bücher überhaupt geschrieben sind. Aber natürlich kaufen Verlage nicht die Katze im Sack, sprich, ich muss schon sehr genau wissen, was in dem jeweiligen Buch passieren soll. Muss es in einem Exposé zusammenfassen können, muss am besten auch gleich eine Leseprobe dazu mitliefern. Nur selten (es soll vorkommen) kaufen Verlage nur eine vage Idee.

Und deshalb tat ich mir mit meinem aktuellen Projekt ziemlich schwer. Ich plottete, verwarf wieder, plottete von vorne, es ergab irgendwie alles keinen Sinn. Nur meine Hauptfigur hatte ich schon und eine sehr wichtige Nebenfigur. Und eine weitere extrem wichtige Zutat für meine Geschichte steht schon lange fest: Brokkoli. Ein Gemüse, das ich persönlich überhaupt nicht mag. Es ist unfassbar, wie sich ein solches Grünzeug so dermaßen in den Mittelpunkt meiner Geschichte schieben konnte. 

Irgendwann merkte ich, ich komme mit dem Plot nicht weiter. Da habe ich mich hingesetzt und meinen Protagonisten angefaucht: "Was wird das eigentlich für eine bescheuerte Geschichte? Kannst du mir mal erzählen, was da los war? Und was bitte hat Brokkoli damit zu tun?" Jonathan, genannt Jo, hat nur geseufzt und dann hat er angefangen zu erzählen. Seither muss ich eigentlich nur noch mitschreiben. Soll heißen, ich lasse Jo erzählen und halte mich aus dem Plot komplett raus. Der Nachteil: die Verlage werden warten müssen, bis die Geschichte fertig erzählt ist. Der Vorteil: ich schreibe wieder. Und das mit sehr viel  Spaß und Vorfreude. 

Mehr kann ich euch leider nicht verraten. Auch wenn Jo schon wieder mit den Augen rollt. 

 



 


Kommentare

  1. Liebe Jutta, herzlichen Dank für deinen Beitrag zu meiner Blogparade! Vor allem aber dafür, dass du mir als Leserin Einblicke in dein Autorinnensein gibst. Dass auch du - trotz deiner erheblichen Anzahl an realisierten Veröffentlichungen, noch dazu als anerkannte Verlagsautorin - mit den Widrigkeiten des Schreibens manchmal haderst. Schreiben ist Arbeit und erst wenn der Flow einsetzt, schreibt "es sich". Ich freue mich sehr, dass Brokkoli (den ich übrigens sehr gerne esse) und Jo das Ruder übernommen haben und dein neues Kinderbuch nun aus dir herausschreiben :-)
    Viele Grüße
    Gabi

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    1. Liebe Gabi, herzlichen Dank für Deine lieben Worte, aber auch für die Blogparade. Es hat riesigen Spaß gemacht, ein Teil davon zu sein. Und ja, Schreiben ist immer auch Arbeit, aber eben auch eine Arbeit, die mich zutiefst befriedigt. Dass es für Verlagsautorinnen die gleichen Höhen und Tiefen gibt wie für Selfpublisher, liegt auf der Hand. Und wenn dann trotz allen Tiefen irgendwann der Flow wieder einsetzt, weiß ich wieder, dass ich als Kinderbuchautorin den besten Beruf der Welt habe :-)
      Liebe Grüße vom Küchentisch
      Jutta

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  2. Liebe Jutta,
    vielen Dank, dass ich hier einen kleinen Einblick in dein Autorinnenleben tun darf. Es beruhigt mich ungemein, dass es anderen auch so geht, und manchmal gar nichts mehr geht. Mit dem Schreiben natürlich. Aber es macht mir auch Mut, mich wieder dranzusetzen und weiter zu machen.
    Lieben Gruß
    Edith

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    1. Liebe Edith, herzlichen Dank für Deine Rückmeldung. Ja, manchmal ist es mit dem Weitermachen schwierig. Und manchmal fühlt es sich an, als ob man ständig mit dem Kopf gegen eine Wand rennen würde. Mir hilft dann oft, in ganz kleinen Schritten weiterzumachen. Ich nehme mir vor, einen Satz zu schreiben. Und nächste Stunde dann wieder einen Satz. Manchmal löst das den Knoten schon. Ich weiß nicht, ob du auch vom Schreiben kommst, sonst könnte ich dir hier noch mehr Tipps zum Weiterschreiben bei Blockaden auflisten. Aber ich könnte mal einen eigenen Blogbeitrag daraus machen. Siehst du, und schon habe ich eine neue Idee :-) Liebe Grüße vom Küchentisch
      Jutta

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