Suche dir einen heiligen Ort


Und weiter geht es mit den Tipps von Austin Kleon. Ich habe euch im letzten Post ja versprochen, dass ich alle Tipps aus seinem Buch "Gib nicht auf" mal hier vorstelle.

"Suche dir einen heiligen Ort" - mit dieser Aufforderung ist das zweite Kapitel überschrieben. Austin Kleon konkretisiert diese Aufforderung dann recht schnell: Zieh den Stecker zur Aussenwelt, um dich mit dir selbst zu verbinden.
Wichtig ist: Es geht hier nicht zwingend um "Ein Zimmer für dich allein", wie es Virginia Woolf ja schon eingefordert hat. Natürlich ist es schön und hilfreich, ein Schreibzimmer oder gar ein Schreibhaus im Garten zu haben. Was für ein Luxus. Aber nicht jeder hat so viel Platz zur Verfügung. Trotzdem kann man sich diesen heiligen Ort schaffen. Auf dem Sofa. Im Bett. In einer kleinen Ecke im Wohnzimmer. Für manche ist der heilige Ort auch ein bestimmter Tisch im Lieblingscafe. Für mich ist es ganz klar der Küchentisch

Es gab eine Zeit, da war unser Haus voller Kinder. Fünf Kinder, vier Kinderzimmer. Zimmer waren also zur Genüge vorhanden, aber Platz zum Schreiben nicht unbedingt. Und mitten in diesem Trubel entdeckte ich den Küchentisch für mich. Unsere große Wohnküche war der Ort, an dem ich mich sowieso die meiste Zeit aufgehalten habe. Und irgendwann fing ich damit an, in den wenigen Stunden der Ruhe einfach alles Zeug auf dem riesigen Küchentisch zur Seite zu schieben, mein Notizbuch oder mein Notebook zu öffnen und genau dort, am Tisch, zu schreiben. Der Trubel machte mir dabei gar nicht so viel aus, fast alle meine Bücher sind an diesem Küchentisch entstanden. Inzwischen habe ich längst auch ein Arbeitszimmer in diesem Haus und ich genieße auch den Platz, der mir hier zur Verfügung steht. Aber zu einem heiligen Ort ist dieses Zimmer nie geworden. Es wird von mir genutzt, um Mails zu beantworten, auch Texte zu überarbeiten, zu lektorieren, um Steuererklärungen zu machen und den sonstigen Finanzkram. Aber sobald es darum geht, dass ich schreiben will, dass ich kreativ sein will, zieht es mich zurück an den Küchentisch. Ich schaue beim Schreiben auf meine Terrasse, ein wenig in den Garten, ich sitze im Zentrum des Hauses, meines Lebens und fühle mich wunderbar. 

Der heilige Ort nach Austin Kleon soll dabei helfen, die Welt einmal aussen vor zu lassen. Alternativ empfiehlt er, sich eine heilige Stunde zuzulegen. Eine Zeit also, in der man lernt, sich auszustöpseln von all den Nachrichten, Mails, Kommentaren, eine Zeit, die nur der Kreativität gehört, in der man Nein sagt zu allem anderen. Die ideale Kombination wäre demzufolge die heilige Stunde am heiligen Ort. 

Für mich ist das der Vormittag. Ich habe meine Arbeitzeiten im Buchladen jetzt weitgehend so gelegt, dass ich am Vormittag zu Hause bin. Sobald dann die Tür hinter dem letzten Schulkind ins Schloss gefallen ist, fängt sie an, meine heilige Stunde am Küchentisch. Ich koche mir einen Kaffee, klappe das Notebook auf und kann schreiben. Es ist definitiv die beste Zeit des Tages, es ist die Zeit, die ausschließlich mir und meinen Geschichten gehört. 

Oder - um Austin Kleon noch ein letztes Mal zu zitieren: "Nein zur Welt dort draußen zu sagen, kann schwerfallen, aber manchmal ist es die einzige Art, um Ja zu deiner Kunst und zu deiner geistigen Gesundheit zu sagen." Wie wahr, gerade in diesen Tagen.

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Kommentare

  1. Mein 'heiliger' Ort,
    liebe Jutta,
    zum Schreiben ist auch der Küchentisch.
    Er ist kleiner als deiner und rund. Und mein Blick fällt auf einen riesigen Ahorn im Hinterhof,
    der sich im Moment gelbgolden verfärbt.
    Ich selbst klammere die Welt draussen, die Umwelt, nicht aus - ich brauche diesen Kontakt.

    Viele gute Schreibstunden an deinem Tisch wünsche ich dir und schicke dir einen ganz herzlichen Gruss
    Hausfrau Hanna

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    1. Liebe Hausfrau Hanna, danke für die lieben Wünsche. Ja, der Blick in meinen Garten hilft mir ebenfalls sehr beim Schreiben. Die Augen vor dem Blick in die Welt möchte ich allerdings im Moment manchmal am liebsten verschließen. Aber dann bin ich wie das kleine Kind, das glaubt, wenn es die Augen zumacht, ist es nicht mehr da. Also schaue ich weiter hin und hoffe einfach, dass es bald besser wird.
      Liebe Grüße vom Küchentisch
      Jutta

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